Dienstag, 29. Mai 2012

Glaubst du noch oder denkst du schon?

Ich bin Atheist, kein Agnostiker, kein Anders-Gläubiger. Atheist.

Ich möchte hier nicht erklären, warum und wieso. Jeder muss für sich selber entscheiden, wie und woran er glaubt. Das ist das Tolle als Atheist. Ich kann jedem seine Religion lassen, ob sie an Allah, Gott, Jesus oder Ganesha glauben. Wichtig ist für mich nur, dass jede Religion den Freiraum der anderen nicht schmälert. So lebe ich eigentlich ganz gut. Wenn nicht ständig Gläubige versuchen würden, mich zu bekehren. Ich möchte verdammt noch mal nicht bekehrt werden. Ich bin glücklich. Ich glaube nicht an Himmel und Hölle, nicht an Reinkarnation, nicht an Kasten oder ein Leben nach dem Tod. Ich stelle mir die Frage, was ist, wenn ich Zeit meines Lebens Gott anbeten würde und sterbe und "da oben" sitzt Ganesha. Toll, das ganze Leben lang den Falschen angebetet... bzzzz.... ab ins Fegefeuer.

So, nun kommen aber die unendlichen Fragen, mit denen die Leute versuchen, mich zum Grübeln und doch wieder auf den "rechten" Weg zu bringen oder mich einfach zu provozieren:
"Feierst du Weihnachten?"
"Ja, natürlich feier ich Weihnachten."
"Ja, aber wenn du nicht gläubig bist, warum feierst du dann Weihnachten?"
"Hör mal, ich bin absolut Geschenke-geil, es gibt richtig gutes Essen, Wein, tolle Stunden mit der Familie und Urlaub hab ich auch noch. Noch Fragen?"

Noch besser war die Frage:
"Warum benutzt du den Namen des Herrn, wenn du nicht glaubst?"
Weil sich "Gottverdammte Scheiße" einfach perfekt fluchen lässt, herrgott nochmal.

Menschen glauben. Weil sie so erzogen wurden, weil sie im Glauben Trost finden, weil Glaube immer Hoffnung ist. Glaube ist gut. In Maßen. Zu glauben, unsere Politiker machen ihren Job und machen ihn vielleicht sogar gut, gibt die Hoffnung, dass man bei der Wahl nicht wieder völlig daneben gelegen hat. Die Kirche trichtert es Generation für Generation ein: Gläubige Menschen sind gute Menschen. Atheisten sind pietätlos, Schwerverbrecher, Mörder, als Atheist kann man kein gutes und frommes Leben führen. Nun, ich habe mir nie etwas zu schulden kommen lassen, bin weitestgehend höflich und das Einzige, was ich stets mit Zufriedenheit meuchel, sind Spinnen, wenn sie in meinen Lebensraum eindringen. Ob ich ein netter Mensch bin, ist der Kirche egal. Als ich ausgetreten bin, habe ich von dem Pastor, von dem ich nie etwas gehört hatte, einen langen Brief bekommen. Es war keine Bekehrung, sondern eine Beschuldigung, eine Anklage! Wie konnte ich nur vom rechten Weg abkommen und aufhören, Kirchensteuer zu zahlen??

Fängst du an, Fragen zu stellen und simpel ein paar Thesen aufzustellen, bist du ein Ketzer. Aufhängen sollte man dich! Wie im guten alten Mittelalter als arme Frauen der Hexerei bezichtet wurden. Gestorben sind sie alle. Dafür hat die Kirche gesorgt.
Mit jeder Frage, mit jeder leisen Kritik und jeder dazu fehlenden Antwort wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich kein gläubiger Mensch bin. Ich habe Fragen gestellt, die mir die Kirche und die Religion nicht beantworten konnten, denn du musst das nicht wissen, du musst es glauben! Immer schön fest daran glauben, dann wird alles gut. Und nicht so viel Fragen. Oder die Bibel lesen. Die 10 Gebote.. Sind das nicht größtenteils Regeln, die wir Menschen intuitiv befolgen? Du sollst nicht töten? Nicht stehlen? Vater und Mutter ehren, nicht falsch Zeugnis reden? Diese Regeln sind verankert in nahezu jedem Individuum, sogar einer Stubenfliege dürfte das nicht schwer fallen. Hauptsache, Moses hat das in Stein gemeißelt!

Die Kirche ist eine Sache für sich. Die Verbreitung des Glaubens war mit Sicherheit eine gute Idee und doch gab es genug Häßlichkeiten, über die man heute natürlich nicht redet. Das war alles früher, tun Sie doch bitte noch ein paar Euro in den Klingelbeutel. Und dann sitzt dort eine arme kleine alte Frau, die kaum Geld hat, die sich kaum das Essen leisten kann, da ihr von der Rente ihres Mannes fast gar nichts geblieben ist (das war nicht die Kirche, das waren die Politiker, aber an die muss man wie oben erwähnt ja auch glauben). Und sie wirft lieber noch ein bisschen Geld in den Klingelbeutel, damit die Kirche einen neuen Altar bauen kann. Es ist nicht Scientology, aber irgendwie doch ein bisschen abgezockt, oder nicht?

Vor allem die katholische Kirche hat ihre schwarzen Schafe, ihre dunkle Seite. Ihr Kinderlein kommet... schön zum Onkel Pfarrer, der kann euch zeigen, wo der Bischofsstab hängt.. oh, Verzeihung, "liegt". Das ist doch (ich muss es nochmal nutzen, es passt grad perfekt) herrgott nochmal absolut logisch, dass sich die Triebe des Mannes, ein Ur-Instinkt, nicht bewusst lebenslang abschalten lassen. Dazu braucht es doch keine Wissenschaftler. Nein, Pfarrer dürfen nicht sündigen und Frauen haben. Aber dass der kleine kindliche Messdiener immer attraktiver wird, hat natürlich keiner gesehen. Und die sagen ja auch nichts, ist ja die Kirche, da glaubt man doch an nichts Böses!

Diese Kirche hat oft genug ihr wahres Gesicht gezeigt und für meinen Geschmack mehr Unglück und Leid über die Welt gebracht, als dass sie Gutes vollbracht hat. Und sie führt es fort. Abtreibung ist verboten, auch wenn das Kind aus einer Vergewaltigung entstanden ist. Und dabei hat sich das perverse Schwein von Vergewaltiger an das päpstliche Gebot gehalten und kein Kondom benutzt. Dass Kondome schützen, vor Krankheiten und noch größerer Armut bewahren, ist dem Papst nur Recht, denn die Armen und Hoffnungslosen kommen ja zur Kirche. Um zu hoffen. Und zu beten. Würde er von seinem Protz und Prunk den Armen geben, wäre der Welt doch eher geholfen?!

Glauben, nicht glauben, Christentum, Judentum, Moslems und Hindus. Ich denke, dass die Religion in dieser Welt nicht unbedingt vieles besser gemacht hat. Extremisten, die Kriege allein aufgrund ihrer Religion führen. Extremismus ist nie gut und führt immer zu bösem Blut. Jedoch sind die meisten Morde im Namen der Kirche und des Glaubens verübt worden. Dann doch lieber Sekten, in denen die sich alle selber vergiften mit ihrem Glauben.

Manchmal ist es eben doch besser, nicht nur zu glauben, sondern auch mal zu denken!

Montag, 28. Mai 2012

Heute Organspender, morgen tot?

"Helfen Sie mit, werden Sie Organspender!"

Derzeit ein ganz angesagtes Thema, über das ich mich selbstverständlich sofort äußern muss. Eine wundervolle Idee, denn warum etwas wegwerfen, was man selbst nicht mehr braucht und anderen das Leben retten kann. Es ist mir völlig egal, ob mein Körper nach meinem Tod ausgenommen und die Organe wiederverwendet werden. Ich glaube nicht an Himmel und Hölle und ebenso wenig an die Wiedergeburt oder ein Leben nach dem Tod. Sofern es aber doch ein Leben danach gäbe, wäre ich insofern beruhigt, als dass ich; atheistisch wie ich bin, nicht wie Prometheus (Sie wissen schon, der griechische Gott, der den Menschen verbotenerweise das Feuer zurückgab), enden würde und ein Adler täglich meine Leber fressen könnte.

Nun, also nach all diesen Punkten wirft es natürlich die Frage auf, warum ich dann keinen Organspendeausweis besitze.

Seit einigen Jahren beobachte ich das emsige Ärztetreiben mit all seinen Facetten und habe in dieser Zeit mein Vertrauen in die weiß gekittelten Halbgötter irgendwann zwischen einer "Ich-habe-keine-Zeit,-Sie genauer zu untersuchen" und "Machen-Sie-diese-Vorsorge-noch,-übernimmt-die-Kasse-nicht,-kostet-aber-nur-50€" Phase gänzlich verloren.

Ärzte sind mittlerweile schneller aus dem Behandlungszimmer wieder raus als Baumarktmitarbeiter, und die sind schon verdammt flink unterwegs, wenn sie vor einem Hilfesuchenden fliehen. Sicherlich hat die Gesundheitsreform ihres dazugetan, dass unsere Ärzte an Zeitknappheit und Stress leiden. Das ist mir aber ehrlich gesagt egal, an wem es liegt. Fakt ist: wenn ich krank bin, möchte ich vernünftig behandelt werden, wir bezahlen dafür schließlich alle genug Beiträge im Monat.

Als ob dies nicht schon schlimm genug war, ist mittlerweile ein Arztbesuch eine freudige Werbeveranstaltung geworden. Bereits am Empfang liegen zahlreiche Flyer, welche Vorsorgen Sie UNBEDINGT brauchen, weil Sie damit viel länger und gesünder leben ... und ärmer. Im Wartezimmer flackert Werbung über die neusten Methoden der Vorsorge über den Bildschirm, und auf dem Tischchen, auf dem früher Zeitschriften lagen, befinden sich weitere Werbeflyer. Ich schätze, hier halten etwa 80 % der Patienten durch und "buchen" keine der Vorsorgeuntersuchungen auf Privatkosten. Nun werden Sie ins Sprechzimmer gerufen und der Arzt ihres Vertrauens blickt mit ernster Miene auf Sie hinab und erklärt Ihnen, wie wichtig doch eine Vorsorgeuntersuchung für Sie ist. Die Kassen übernähmen zwar alles nicht, aber nur, weil die noch nicht wissen, wie gut diese Vorsorgen sind. Ist alles ganz neu. Von den 80 % lassen sicherlich 60 % sofort eine kostenpflichtige Vorsorge machen, denn wenn der ARZT das sagt, dann ist das immer richtig. 30 % haben gehört, wie schlecht es mittlerweile um die Ärzte steht, "die verdienen nichts mehr und von der Nachbarin deren Neffe´s Arzt ist sogar schon verhungert." Lediglich 10 % der Patienten werden todesmutig in die Augen des Arztes schauen und "nein" zu den Vorsorgeuntersuchungen sagen. 3 % können vor Angst die nächsten Nächte nicht schlafen.

Nach all diesen Erfahrungen bin ich zu  folgendem Schluss gekommen: Sollte Ihr Enkel praktizierender Arzt sein, würde ich mir überlegen, wann ich die Augen für ein Nickerchen schließe.

Und nun die entscheidende Frage: Wenn jemand genug Geld für die Leber eines Patienten bezahlt, weil er die Kohle hat und den Arzt gut kennt, wer kann mir bitte garantieren, dass der Patient morgen noch lebt?! Wir haben auf der Welt so unendlich viel Korruption: angefangen bei korrupten Polizisten bis hin zu korrupten Politikern. Und Ärzte sollen dagegen immun sein?
Als Beispiel: Ich habe einen Organspendeausweis, mir passiert etwas, ich liege im künstlichen Koma. Irgendso ein reicher Typ bietet dem Arzt 1.000.000 €, wenn er schnellstmöglich eine neue Leber, Niere oder was auch immer bekommt. Wer kann 1000prozentig schwören, dass nicht auf einmal Luft in meinen Katheter gepumpt, ein Schalterchen umgelegt oder ein Schlauch rausgezogen wird. "Hoppla, wie konnte das denn passieren?" Und schwupps, ist meine Leber weg ... und mein kleines zartes Leben auch.

Würden Sie das für Ihr Kind, Ihren Partner.. wen auch immer Sie lieben, wollen? Dass sein Leben endet, weil nicht SIE die Millionen haben? Ärzte sind auch nur Menschen und mit Sicherheit nicht minder käuflich, als alle anderen Menschen auf der Welt auch.

Und genau aus diesen Gründen verrotten meine Organe zusammen mit mir,was mich extrem traurig macht, wenn ein lieber Mensch sie nötig gehabt hätte.




Sonntag, 27. Mai 2012

Deutschland, deine Rassisten

Dass manche Deutsche rassistisch sind, ist keine Neuigkeit. Aber hat nicht jedes Land Rassisten?

Aus gegebenem Anlass muss ich mir die Frage stellen, ob wir Deutschen nun extrem rassistisch sind oder uns Rassismus einfach zu schnell vorgeworfen wird.

Sarah Kuttner hat in ihrer Lesung eine (ich zitiere) "Negerpuppe" erwähnt, die sie als Kind besessen hat. Gleich wurde geklagt und verurteilt, eben wegen jener so rassistischen Aussage. Nun versuche ich, objektiv wie ich bin, mir eine Meinung darüber zu bilden. Seit einigen Jahren ist es mir verboten, einen "Negerkuss" oder "Mohrenkopf" zu bestellen, da dieses rassistische Aussagen ungeahnten Ausmaßes sind. "Dickmann" ist nur die Firma... Wie bestelle ich das jetzt??? "Einen Schaumkuss mit ehemals rassistischem Namen?" Eine Waffel mit Schaumzeugs drauf, die in keinster Weise etwas mit der afro-amerikanischen Bevölkerung zu tun hat?
In die gleiche verlegene Situation kam meine Oma, die Zeit ihres Lebens Lakritztalerchen unter dem Namen "Negergeld" bestellt hatte. Der Mann an dem Süßwarenstand blickte sie erbost an und erklärte ihr, dass sie das so nicht bestellen dürfte, da die Äußerung absolut rassistisch und unangebracht wäre. Auch wenn sie 70 Jahre ihres Lebens das Lakritz so bestellt hätte, heute wäre das fremdenfeindlich und er könne ihr so nicht weiterhelfen.

Davon ausgehend, dass Sarah Kuttner so wie meine Oma Zeit ihres Lebens den Namen genutzt hatte, weil es einfach gebräuchlich war, denke ich, wir reden heutzutage definitiv zu schnell von Rassismus. Ich selber bin stets darauf bedacht, andere Völker nicht zu verurteilen, zu verallgemeinern geschweige denn mit Schimpfworten zu beleidigen. Aber wenn ich einen "Negerkuss" bestelle, möchte ich ja auch keinen Kuss von einem Afro-Amerikaner, sondern einfach nur diese blöde schokoladenüberzogene Schaumzeugsmischung und Waffel. Ich denke dabei weder an Afrika noch sonst irgendein Volk. Und ich hasse es verdammt nochmal, wenn ich mich bei der Bestellung eines Dings... (wie nenn` ich es denn jetzt???) ... um Kopf und Kragen reden muss, damit mich niemand für rassistisch hält. Ebenso ging es meiner Oma, die völlig verwirrt vor dem Süßwarenstand gestanden haben muss und überlegt hat, wie sie jetzt das "Negergeld" zu nennen hat. Es will den Völkern doch keiner was! Darf ich jetzt auch keine Chinaböller mehr kaufen? Muss ich sagen: Die Dinger, die laut platzen, nachdem man sie anzündet. Die hießen vorher wie ein Land in Asien... mit "Böller" am Ende? Wir starten ein fröhliches Rätsel: Ich sage das Land nicht und Sie müssen die Antwort raten! Wo führt uns das hin?

So gehe ich eben davon aus, dass Sarah Kuttner aufgewachsen ist mit dem Wort "Negerpuppe". Sicherlich war es nicht wirklich schlau, dies so in einem Buch zu veröffentlichen, da wir heutzutage so schnell als Rassisten verschrien werden. Vielleicht ist sie auch rassistisch, vielleicht auch nicht. Das ist mir persönlich völlig egal. Mich kotzt es einfach nur fürchterlich an, dass wir im Nullkommanichts als Rassisten betitelt werden, obwohl wir Worte benutzen, die wir in Kindertagen nutzen konnten und die heute plötzlich als pietätlos und rassistisch gelten, obwohl wir es gar nicht so meinen.

Was machen wir denn jetzt mit dem Sarotti-Mohr? Gibt es nur noch weiße Schokolade von Sarotti? Wurde der Sarotti-Mohr abgeschafft?

Wie gehen wir jetzt mit Wilhelm Busch Geschichte vom "Schwarzen Buben" um, der nachher viel "schwärzer als ein Mohrenkind" war? Dürfen Eltern diese Geschichte ihren Kindern nicht mehr vorlesen, weil das Wort "Mohr" enthalten ist?

Diese Kleinkariertheit und Korinthenkackerei ist doch ein Witz! Eine lächerliche Farce!

Wie werden wir oder andere Völker in der Welt denn genannt? Ob wir jetzt "Krauts" sind oder "Kartoffelfresser", es gibt sicher noch 1000 Namen für uns. Können wir das nicht mit Humor nehmen? Haben Sie deswegen schon geklagt?

Nein, Deutschland, hier sind wir alle Rassisten, sobald ein falsches Wort über unsere Lippen kommt. Also Deutschland, lerne gefälligst neue Beschreibungen und pass auf, was du sagst! Denn sonst kriegen sie dich!

Freitag, 25. Mai 2012

(V)erzogen

Manchmal fragt man sich, ob es noch schlimmer werden kann.

Ob mir ein Kind auf der Straße vor die Füße rotzt, im Kino Popcorn geworfen und rumgerannt wird oder es sich inbrünstig schreiend im Supermarkt auf den Boden wirft, all das sind mittlerweile alltägliche Situationen. Aus diesen Kindern entwickeln sich zumeist rüpelige Erwachsene, die im Kino zwar kein Popcorn werfen, aber stundenlang während des Film diskutieren oder mit offenem Mund ihr Popcorn kauen. Kann denn heute niemand mehr einfach nur 2 Stunden lang sein Sabbelmaul halten und in Ruhe einen Film gucken? Links wird das Handy gezückt und gezockt oder vielleicht auch eine Kurzzusammenfassung des Films gesimst und rechts wird über den schrecklichen Arbeitsalltag und den bösen Chef diskutiert. Ich möchte diesen Film sehen! Die Musik ist spannungsgeladen, die dunkle Atmosphäre und jetzt gleich.... meinem Hintermann fällt ein, dass genau JETZT der beste Zeitpunkt ist, die blöden Nachos zu kauen. Ich kann mich nicht erinnern, dass früher so ein Aufruhr im Kino statt fand. Jeder war ruhig, verfolgte mit Spannung den Film. Heutzutage ein Wunschtraum, ich habe Kinobesuche mittlerweile eingestellt. Bei dem lächerlichen Eintrittspreis für von 7,50 € pro Person + Überlängenzuschlag, 3 D-Zuschlag und Samstag-Abend-Vorstellungszuschlag gepaart mit stundenlangem Gesabbel meiner Nebenmänner ist das kein wirkliches Vergnügen mehr.
Ich hatte die irrwitzige Vorstellung, dass eine Sonntagsnachmittagsvorstellung in einem Kinderfilm ruhiger abläuft, doch wurde ich extrem schnell eines Besseren belehrt. Während links neben uns ein Popcorn-Krieg tobte, spielten die Kinder hinter uns Fangen durch den kompletten Kinosaal, der Vater hatte offensichtlich bereits resigniert und ließ sie gewähren. Als ihnen nach 1 Stunde die Puste ausging, stellten sie sich an ihren Platz, um freudig in der Nase zu bohren und dies an unserer Sitzlehne abzuschmieren. Ich werde nie wieder in eine Sonntagsnachmittagsvorstellung gehen. Sollte ich mal ein Kind bekommen, wird es das Kino erst mit 12 Jahren entdecken - zur Abendvorstellung.

Kinobesuche lassen sich umgehen, so denke ich mir. Aber Sie finden leider kaum noch Situationen, wo nicht ein völlig unerzogenes Balg Ihnen vor´s Schienbein tritt, Sie beleidigt oder einfach voller Inbrunst herumschreit und Schimpfworte vom Allerfeinsten in die Welt hinauskrakeelt: "Papa, du Arsch..." aus dem Mund einer 10-jährigen.

Ich erwarte keine Musterschüler in Pullundern, die in jeder noch so kleinen Situation hilfsbereit mit einer Verbeugung neben einem stehen, die Tür aufhalten oder älteren Herrschaften über die Straße helfen. Aber ich denke, ein gesundes Mittelmaß aus Rücksicht und Respekt würde nicht schaden. Wenn ich von älteren Leute höre "die Jugend von heute....!!" denke ich mir: ja, früher gab es auch Rüpel, aber besser wird es mit Sicherheit nicht.

Wie auch? Kinder werden im Kleinkindalter vor das RTL-Vormittagsprogramm gesetzt, was sehr praktisch ist, die Eltern müssen sich nicht bemühen, die Kinder zu unterhalten und das Kind lernt gleichzeitig ein vielfältiges Repertoire an Schimpfwörten, die es anderen Kindern in der Schule beibringen kann.

Ich möchte klarstellen, dass ich nicht den Kindern die Schuld für dieses Verhalten gebe. Mir ist es auch völlig egal, wenn das Kind mit Edding die Tapeten, Schränke und andere Möbelstücke seiner Eltern verschönert. Das sollen die ausbaden, die es verbockt haben. Der Neffe (damals ca. 5 Jahre alt) einer ehemaligen Schulkollegin war ca. 10 Minuten unbeaufsichtigt im Zimmer. Er hat es geschafft, eine Schere zu finden und damit das komplette Mobiliar zu "verschönern". Das Bett war zerschnitten und die Schränke verkratzt. Alles was seine Mutter sagte, war: "Du, das darfst du aber nicht machen. Lass das mal lieber." Er fing an zu weinen, bekam ein Stück Schokolade und die Welt war wieder in Ordnung. Ich bin absolut gegen Prügel in der Erziehung und kann mich hierzu auch nur begrenzt äußern, da ich selber kinderlos bin, aber ich denke doch, dass diese sehr vorsichtige Ermahnung der Mutter nicht unbedingt dazu beiträgt, dass er Andererleuts Eigentum mit Respekt behandelt oder so etwas nie wieder macht.

Ich denke, jeder kennt diese Situationen und man darf sich nicht darüber wundern, wennn die Eltern die Erziehung dem Fernsehprogramm oder der Schule bzw. den Lehrern überlassen. Die Mütter möchten gern arbeiten und am Leben teilhaben und irgendwann passt das Kind einfach nicht mehr in den Plan. Und dann wundern wir uns über verkorkste Kinder?
Wie selten erlebt man noch "liebe" Kinder. Neulich in der Stadt hörte ich tatsächlich von einer ca. 8-Jährigen: "Mama, dürfte ich bitte ein Eis haben?" Zuckersüß und ganz das Gegenteil von "Ey Altaaaa, gibse mir jetzt Geld, ich will ein Eis!!!!"
Oder in einer Arztpraxis: Der kleine Junge wurde des Trommelns gegen die Rezeption nicht müde, nach einer Viertelstunde hatten wir alle Kopfschmerzen - außer den Eltern offensichtlich, die, in völliger Ruhe, daneben standen und ihn trommeln ließen. Gott weiß, was er zu Hause veranstaltet. Auch als er hinter die Anmeldung ging und am Stuhl der Arzthelferin rüttelte, wurde das keines Kommentares gewürdigt. Die Arzthelferin blieb ruhig, denn heutzutage sind Sie sofort ein Kinderfeind und Kinderhasser, sobald Sie andeuten, dass das verzogene Miststück von Kind sich einfach nur auf seine 4 Buchstaben setzen und die Klappe halten soll!!!!!

Ich versuche, mich zu beruhigen, lächele süffisant: "Ja mein Kleiner, DICH können wir in ein paar Jahren in einer RTL-Talkshow begutachten."

Und so schließt sich der Kreis, denn er wird das nächste Vorbild der nachfolgenden "Ich-setze-mein-Kind-vormittags-vor-RTL-Generation".










Samstag, 12. Mai 2012

Theorie und Praxis Teil 2

Heute möchte ich mich über ein spezielles Exemplar von Fachidioten äußern: Lehrer. Auch wenn meine Schulzeit schon ein wenig zurückliegt, muss ich immer wieder hören und feststellen: es hat sich nichts verändert. Wie viele von uns denken mit Freude an die Schulzeit zurück? Damit sind nicht die lieben Schulkameraden oder die lustigen Stufenparties gemeint, sondern die gefühlt ewig andauernden Schulstunden unter dem mehr oder weniger wachen Auge des Oberfachidiotens. Verstehen Sie mich nicht falsch, nicht jeder Lehrer ist ein inkompetenter unsozialer Schwachmat, der nicht in der Lage ist, seinen Beruf auszuführen. Aber leider gibt es trotzdem viel zu viele, die absolut nicht in der Lage sind, Schüler zum Lernen zu animieren oder ihren Job mit Begeisterung auszuführen. Wenn ich meinen Job so schlecht machen würde wie mancher Lehrer..., tja, ich wäre wohl längst entlassen worden. Und genau da hängt unser Schulsystem. Warum? Nun, dafür möchte ich Ihnen heute ein paar Beispiele nennen, die mich bis heute ärgern.
Fangen wir mit meiner "Lieblings-"lehrerin an: Wissen Sie, ich spreche deutsch als Muttersprachler. Ich habe immer sehr gern gelesen - und als Kind auch oft Aufsätze verfasst, mit großer Begeisterung. Leider wurde mir beides - das Lesen und das Schreiben - durch meinen Deutsch-Unterricht madig gemacht. Meine Deutschnoten bewegten sich immer zwischen "gut" und "befriedigend". Bis SIE kam. Und sie mochte mich nicht. Das war nicht zu übersehen. Wenn sie eine Frage stellte und keiner in der Klasse aufzeigte - nur ich - war ihre Gegenfrage "Keiner? Weiß das keiner?" Ich war kein Streber und ich muss sagen, es passierte nicht oft, dass ich tatsächlich mal etwas zu sagen hatte, aber das war auch kein Problem, denn im Laufe der Zeit reduzierte sich meine mündliche Beteiligung im Unterricht runter - auf 0. Eben wegen jener Aussagen. Ich wollte eigentlich nur meine schriftlichen Noten ausgleichen, aber irgendwann resigniert man doch. Kennen Sie diese schrecklichen kleinen gelben Büchlein? "Reclam"-Heftchen? Jaaa, damit habe ich endgültig die Freude am Lesen verloren. Sie hatte uns aufgegeben, das Buch zu bestellen und zu lesen. "Das Gold von Caxamalca", glauben Sie mir, das werde ich nie vergessen. Nach der ersten Seite war mir klar, dass das Buch und ich keine Freunde werden können. Was zum Teufel ist das für eine Sprache? Warum muss ich das lesen? Wenn ich später so rede, versteht mich kein Mensch... oder schlimmer noch: ich werde für einen Freak gehalten.
Und die leidige Eröterung: Was wollte uns Jakob Wassermann damit sagen? Was meinte er mit der 4. Zeile im 3. Abschnitt? Ich philosophiere heute noch darüber und komme heute noch zu dem Ergebnis: nichts! Vielleicht war ihm einfach danach zu schreiben, so wie ich in diesem Blog. Er wollte sich mit Sicherheit über die Goldgier der Spanier auskotzen, aber das habe ich bereits nach 10 Seiten erkannt. Warum soll ich nun jedes einzelne Kapital auseinander nehmen, nach versteckten Alliterationen, die Herr Wassermann wahrscheinlich und wahrlich (haben Sie die Allitierion entdeckt) NUR eingebracht hat, um diesen Absatz zu betonen. Der gute Mann lebt nicht mehr, wir können ihn nicht fragen. Aber auch nach seinem Ableben schweben 100 diverse Interpretationen durchs Web.
Und glauben Sie mir, dies ist nur EIN Beispiel der vielen vielen Reclam-Bücher und unendlich vielen Interpretationen. Was mir geblieben ist? Eine Schulnote "mangelhaft" im Fach Deutsch, die ich bei jeder Bewertung erörtern muss. "Wieso haben Sie eine 5 in deutsch, ist das nicht Ihre Muttersprache?" fragen sie mit einem zu Recht irriterten Unterton. Und ich würde so gern antworten: "Doch, ist es, verdammte Hacke, aber ich konnte das Gold von Caxamalca nicht so interpretieren, wie die Tussi von Deutschlehrerin es gern gehabt hätte. Und das gilt für die gefühlten 300 anderen Bücher, durch die ich mich durchquälen musste."
Erst 6 Jahre später habe ich das Lesen wieder als Entspannungsfaktor entdeckt. Eine lange Zeit für einen angeblich gebildeten Gymnasiasten.

Fakt ist: Ich habe das Lesen für 6 Jahre aufgegeben und zu Hause kein einziges Buch besessen. Ist das Sinn und Zweck der Schule? Den Schülern das Lesen zu verleiden? Ist es richtig, wenn ein Lehrer nicht aufgrund der Leistungen beurteilt, sondern nach Sympathie benotet? Kann das richtig sein in unserem Schulsystem?

Nun, kommen wir gleich zur nächsten Gattung: das Antivorbild. Hatten Sie auch so einen Lehrer? Im Normalfall erkennen Sie ihn an einem ungepflegten Erscheinungsbild wie fettigen Haaren oder fürchterlichem Mundgeruch oder an einer extrem feuchten Aussprache. Ihr Heft wird betropft von Spucketröpfchen. Glauben Sie mir, das alles habe ich bereits erlebt. Das heißt nicht, dass der Lehrer an sich inkompetent war, aber haben Lehrer nicht eher eine Vorbildsfunktion? Heißt das, ich muss mir NIE die Haare waschen und bekomme einen Job? Unser Geschichtslehrer war von einer extrem ausgefuchsten Sorte: während seiner gefühlt langen Monologe über die Weltgeschichte nahm er seinen Ehering ab und drehte diesen, auf einem Stuhl sitzend, an seinem in Socken und Sandalen gesteckten Fuß um seinen kleinen Zeh. Während mir die Galle hochkam (verzeihen Sie mir die bildliche Darstellung), redete und drehte er genüßlich an seinem Zeh den Ring. Sollten Sie in einer Bank oder einem Service-Center arbeiten, versuchen Sie das nur einmal. Es dürfte Ihren Chef endgültig in die Weißglut treiben, wenn Sie dabei noch ungewaschene Haare haben. Sagen Sie dann einmal "Entschuldigung, aber da dient einer meiner Lehrer als Vorbild, wenn der das kann, dürfte das hier doch auch kein Problem sein, oder?"

Mein Fazit: Man muss nicht hochgetakelt in seinem Job erscheinen, aber eine ordentliche gepflegte Erscheinung hat noch niemandem geschadet, richtig?

Nun, das sind nur 2 kleine Beispiele meiner Schulerfahrungen. Und so wette ich, jeder kann mindestens 3 Beispiele aus seinem Erfahrungsschatz nennen. Aber alle laufen darauf hinaus, dass man a) kein gutes Vorbild hat und b) in vielen Hinsichten nach Sympathie und nicht nach Können beurteilt wird.

Dabei stellt sich mir die Frage: Warum lässt sich das nicht unterbinden?
Warum werden unsere Schüler entmutigt und das Lernen eher als Bestrafung gehandhabt? Bildung ist enorm wichtig, warum schaffen die Schulen es nicht mehr, dem gerecht zu werden? Warum werden die schlechten Schüler lieber aufgegeben als gefördert? Weil es günstiger und einfacher ist. Keiner möchte die Nachzügler, den Träumern oder den Kreativen Freiraum geben. Weil es nicht im Stundenplan verankert ist. Und danach wird weitergelehrt was das Zeug hält.

Wissen Sie, warum ich sitzen geblieben bin? Sie werden lachen: ich hatte ein Referatsthema erhalten, was im wahrsten Sinne des Wortes "Scheiße" war. In Erdkunde sollte ich ein Referat über Gülle halten. Ich bin zu einem Bauern in der Nähe gelaufen, habe ein Aufnahmegerät mitgenommen (ja, damals gab es noch keine Smartphones) und habe mir die Zusammensetzung und die Gründe von Gülle etwa 2 Stunden angehört. Danach habe ich mein Referat geschrieben. (Phosphor ist übrigens extrem wichtig für Gülle, das werde ich nie vergessen).
Nun, mein Lehrer empfand das als zu langweilig. Als er das sagte, habe ich damals schon bereut, nicht einen Riesen-Gülle-Haufen mit in den Unterricht zu nehmen und ihm unter die Nase zu halten! Es fuchst mich heute noch, dass er mich bei so einem Thema hat hängen lassen und mir eine schlechte Note dafür gegeben hat.

Gut, es war ja nicht das einzige Fach, in dem ich schlecht war. Wie Sie bestimmt erraten haben, war die andere Note die Deutsch-Note und Informatik. Wissen Sie, ich war fest davon überzeugt, dass Informatik MEIN Fach wird. Wir hatten damals den neuesten Rechner, mein Vater bedacht darauf, mich in dieser Hinsicht auf dem neuesten Stand zu halten (DANKE PAPA!) und ich war mir sicher, ich würde alle um Längen schlagen. Leider hatte ich in dieser Hinsicht nicht mit der "neuesten" Technik unserer Schule gerechnet. Denn statt das, was wir heute alle brauchen und täglich nutzen zu lernen, musste ich mich mit "Logo", einer Programmierung in Computersprache herumschlagen. Brauche ich nicht - werde ich nie brauchen. Hilft mir heute nicht annährend, in Excel eine Formel zu erstellen. Nein, Sinn und Zweck war es, einen Punkt, den sogenannten "Igel" so zu programmieren, dass er eine bestimmte Reihenfolge an Punkten abläuft. In DOS konnte ich glänzen, war aber mit dem Igel völlig verloren. In der ganzen Klasse liefen die Igel über den Bildschirm... außer bei mir. Meiner war in Streik getreten, weil ich nicht die korrekten Befehle genutzt hatte. Und so blieb mein Igel stehen und ich kassierte meine 5. Zu Recht.
Andererseits denke ich mir: warum wurde ich nicht ausreichend aufgeklärt? Ich mag den Computer und ich bin immer darauf bedacht, auf dem Laufenden zu bleiben. Hätte mir jemand erklärt, dass es rein um die Programmierung ginge, hätte ich ein anderes Fach gewählt.

Wie Sie sehen, sind unsere Lehrer, das Schulsystem und der Lehrplan ein weites Feld, in dem viele Schüler absolut verloren sind. Aber anstatt sie zu fördern, werden ihre Fähigkeiten nicht hervorgehoben, sondern sie sind als "Taugenichtse" verloren.
Ich finde das traurig, Lehrer gehen stur nach ihrem Lehrplan, mit Scheuklappen, für mehr werden sie nicht bezahlt und mehr tun sie auch nicht. Ließe sich das nicht ändern? Warum wird hier nicht eingegriffen?

Ich bin heute noch über solche Ungerechtigkeiten und Unfertigkeiten verärgert, wie Sie feststellen können. Und Sie müssen nach dem Lesen keine Interpretation schreiben, weil ich es ganz unverblümt aufgeschrieben habe. Ist das nicht toll?

Mittwoch, 9. Mai 2012

... Und am Ende kam das Fazit

Ich bin kein Mensch, der gerne vor anderen Leuten redet. So viel wissen Sie ja schon. Wenn mich jemand fragt, was ich von einem Seminar mitgenommen habe, kann ich es ihm nicht beschreiben. Nicht weil ich daraus ein Geheimnis machen möchte, sondern weil ich ein paar Stunden brauche, um meine Gedanken zu sortieren. Das ist so, als würde ich mit Ihnen ins Kino gehen und Sie würden beim Film einschlafen. Wenn mir der Film gut gefallen hat, könnte ich Ihnen dennoch die Handlung nicht strukturiert wieder geben. Ich müsste eine Nacht darüber schlafen, um meine wirren Gedanken zu sortieren und Ihnen eine genaue Zusammenfassung geben zu können. Theoretisch stört mich das nicht, praktisch ist das nun mal ein Problem. Wenn ich etwas vor einer fremden Gruppe Menschen reden muss, dann komme ich ins Schwitzen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen dort mit einem erwartungsvollen Gesicht, in der Hoffnung nun ein großes Lob oder einen sehr geistreichen Kommentar zu hören und von mir nur einen wirren Wortschwall eingepackt in etwas Sarkasmus, möglicherweise Ironie oder einen stumpfen Scherz ohne Bezug zu der Frage, zu dem Thema oder zu den vorangegangenen 4 Stunden zu vernehmen. Ich glaube nicht, dass dies etwas mit Intelligenz, Dummheit oder Bildung zu tun hat. Ich glaube, ich bin ein Mensch, der gerne seine Gedanken sortiert, kurz bevor er sie ausspricht. Ein kleiner Kontrolleur, der gerne vorher weiß wie die Leute auf seine Kommentare, reagieren. Beneiden Sie nicht auch die Leute, die frei reden können, locker sind, genau zu wissen scheinen, was sie sagen und geistreich und gebildet klingen, obwohl sie vielleicht den letzten Scheiß erzählen. Aber ihre Ausstrahlung ist bombastisch und das eben von denen Gesagte klingt grundsätzlich intellektuell. Ich fürchte, ich gehöre nicht zu dieser Gattung Mensch. Und werde es nie werden. Schade.

Sonntag, 6. Mai 2012

Theorie und Praxis Teil 1

Studenten und die aus ihnen wachsenden studierten Leute sind ein Thema für sich. Ich habe nie studiert und bereue es nicht. Ich ziehe meinen Hut vor jenen, die jahrelang in der Universität verbringen, um dann endlich ihren Traumjob auszuüben. Allerdings ziehe ich ihn nicht so weit herrunter, wie sie es gern hätten.
Ich selber habe eine solide Ausbildung gemacht und 7 Jahre später eine Weiterbildung absolviert, welche 2 x wöchentlich abends und samstags statt fand. Glauben Sie nicht, dass das in irgendeiner Form Anerkennung findet. In Normalfall sagt der Blick Ihres studierten Gegenübers meist "Bist du ja selbst Schuld, hättest du mal studiert" oder auch immer wieder gern gehört "Hättest du in der Schule besser mal aufgepasst". Ja, was wäre dann aus mir geworden? Womöglich ein menschliches Individuum ohne Benehmen und einem extrem eingeschränkten Horizont und mit einer "ich-bin-etwas-Besseres"-Mentalität, die mich jedes Mal in den Wahnsinn treibt. Genau genommen meine ich hierbei "Fachidioten". Sich in seinem Gebiet perfekt auskennend, weigert er sich, sich auch nur ein Fünkchen Wissens anzueignen, die nicht zu seinem Aufgabengebiet gehören. Der Meister seines Fachs wird nur ganz schnell zum kleinen Mann, wenn er plötzlich sein Handy über USB an einem PC aufladen soll, eine Kamera bedienen oder den Luftdruck der Reifen seines Autos prüfen soll. Beobachten Sie Fachidioten im echten Leben, Sie werden sehen, wie amüsant ihr nervöses Treiben sein kann. Ob im Baumarkt oder bei Haushaltseinkäufen können Sie interessante Entdeckungen machen: "Mir ist der Schrubber zu groß, ich benötige einen kleineren..." Ich nahm wortlos den Stiel, drehte an ihm bis ich ihn runterschrauben konnte, drehte in fest und gab ihn ihr. Ein fassungsloses Gesicht staunte mich an.
Auch sie war es, die mich fragend ansah, als sie mir vom Schimmelbefall in ihrer Wohnung berichtete. Lüften bräuchte sie ja nicht mehr, sie hätte vor 4 Wochen das Rauchen aufgegeben. Ein fassungsloses Gesicht staunte sie an.
Um Ihnen zu zeigen, dass es hier kein Einzelfall ist, nun noch ein Beispiel von anderer Stelle: "Mein Telefon geht nicht mehr, funktioniert Ihres noch?" fragte er mich hektisch. "Nein, es ist seit einer halben Stunde tot" entgegnete ich - selber ein wenig unglücklich über die Situation. "Dann rufen Sie bitte bei der IT an, ob sie das richten können" warf er mir im Vorbeigehen zu und ging in sein Büro. Dabei hat er meinen völlig irritierten Gesichtsausdruck nicht gesehen. Gut, möglicherweise ein kleiner Denkfehler, könnte man meinen. Ich habe eine E-Mail hingeschickt und während ich auf eine Antwort wartet, kam er wieder zurück mit der Frage: "Konnten Sie die IT erreichen?" Was soll man dazu noch sagen? (Anm.: sollten Sie dieses Paradoxon nicht verstanden haben, gehe ich davon aus, dass Sie ein Studierter sind).
Es ist eben unsere Aufgabe, solch verdrehten Gedankengänge in die richtige Richtung zu weisen, zu entwirren, zu entschlüsseln und kommentarlos eine Lösung zu finden. Und immer wieder stellt sich mir die Frage, wie es dazu kommen kann. Wir haben genug Beispiele von absoluten Fachidioten in unserem Alltag, ob es nun ein Straßenschild ist, welches direkt vor der Garagenteinfahrt aufgestellt wird oder im Berufsalltag, wir haben jeden Tag mit denjenigen zu tun, deren Horizont mit ihrem Fachgebiet endet und die mit strotzender Arroganz hocherhobenen Kopfes an dem kleinen Mann vorbeilaufen. Lächeln Sie, diese Leute haben mindestens so viele Ecken und Kanten wie wir und sind blind genug das nicht zu sehen. Wenn Sie Fachidioten im Wald aussetzen, finden Sie nach 2 Tagen einen verhungernden und halb verdursteten Schatten seiner selbst vor, der Ihnen in den letzten Atemzügen noch eine Statistik mit dem Verhältnis "Bäume im Wald zu Rehen und Raupen" in die Hand drücken würde. Auch wenn die Chance verschwindend gering ist, dass Sie dort jemals einen Fachidioten treffen, amüsiert mich die Vorstellung und zeigt mir, dass ich auch ohne Studium einen guten Lebensweg einschlagen konnte.

Sollten Sie ein solches Exemplar als Vorgesetzten haben, wissen Sie genau, was ich meine. Wenn Sie selbst so ein Vorgesetzter sind, sollten Sie anfangen, über Ihre Handlungsweise nachzudenken ... oder mir Gegenbeispiele nennen!