Sonntag, 20. Januar 2013

Warten Sie doch kurz!

Seit Anbeginn der Uhrzeit teilt sich die Menschheit in zwei Gruppen: die notorischen Zuspätkommer und die Pünktlichen.

Ich selber gehöre zur zweiten Gattung und schätze Pünktlichkeit sehr. Woraus wiederum resultiert, dass sich - sofern ich mich mit einem Zuspätkommer verabrede - grundsätzlich meine Wartezeit auf das Maximum verlängert. Und während man wartet - im Regen, bei brütender Hitze oder mit wippendem Fuß und angespannter Nervosität - durchläuft man bekanntlich mehrere Phasen seines Gemütszustandes:

Nach ca. 5 Minuten tritt eine gewisse Unsicherheit auf, die Zeit oder Ort in Frage stellen. Waren wir wirklich HIER verabredet? War es tatsächlich 20 Uhr?
Nach weiteren 5 Minuten kommt eine leichte Besorgnis hinzu: Es wird doch wohl nichts passiert sein?
Nach insgesamt 15 Minuten und - im Winter - eingefrorenen Gliedmaßen steigert sich dann langsam die Wut. Im schlimmsten Fall hat der Zuspätkommer sein Handy wieder einmal ausgeschaltet und ich stehe wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend rum. Umspielt - und nicht förderlich für den Blutdruck - wird das Ganze von Menschenmassen, die mich mit bemitleidendem Blick anschauen: "Och, schau mal, ganz allein hier!"

Und es wird leer, und es wird ruhig. Ich warte. Ich danke den Smartphone-Erfindern, dank derer man wenigstens halbwegs beschäftigt aussehen kann, wenn man mit prüfendem Blick und wischendem Finger auf seinem Handy herumdaddelt. Währenddessen ärgere ich mich und tippe irgendein unnützes Zeug in mein Smartphone, in der Hoffnung, meine Wut so etwas zu drosseln.

Nach sensationellen vierzig Minuten erscheint ein grinsendes Gesicht in meinem Blickfeld. "Auf der Autobahn war Stau und ich habe keinen Parkplatz gefunden und eigentlich bin ich auch erst vor 5 Minuten losgefahren, es war alles so stressig heute."
Ich lächele, es ist nichts besorgniserregendes passiert und irgendwie muss ich mit dem irren Grinsen meine Wut unterdrücken, dass der Film bereits vor 15 Minuten begonnen hat und die Ausreden auch schon einmal besser waren.

Findigerweise merke ich mir vor, die Uhrzeit des nächsten Treffens mindestens eine halbe Stunde vorzuverlegen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht mit einer Verspätung von sensationellen 3 Stunden gerechnet und so stehe ich abholbereit um Punkt 11 Uhr an dem verabredeten Ort, während besagte Person nicht einmal aus den Federn gestiegen ist, wie sich im Nachhinein herausstellte. Wieder konnte ich analysieren, wie viele Gefühlsphasen man bei derart immensen Verspätungen durchlaufen kann. Es endet übrigens innerhalb der letzten Stunde in tiefster Wut und missglücktem Telefonterror - und einem Konzert, was - nach Erzählungen - der absolute Wahnsinn gewesen sein muss.

Gipfeln kann so etwas eigentlich nur, wenn man zu seiner eigenen Hochzeit und der voranstehenden kirchlichen Trauung eine halbe Stunde zu spät kommt. Und so haben wir alle gewartet und durchliefen wieder einmal sämtliche Phasen der Ungeduld und Wut.

Vermutlich würde es ein Zuspätkommer auch nicht pünktlich zu seiner eigenen Beerdigung schaffen - er hatte einen wichtigen Anruf und musste noch einiges klären...

Ein kollektives Zuspätkommen findet man übrigens zu einer Party. Die possierlichen Partygäste möchten nie  die Ersten sein, schließlich sieht es nachher so aus, als hätte man nichts zu tun und würde den ganzen Tag auf die Party warten.
Also sitze ich um Punkt 20 Uhr mit Partyhütchen und Tröte auf der Couch - wartend .. und allein. Um 20:30 Uhr ist die dritte Flasche Bier leer, ich bin angetrunken, lutsche an dem 10. Käsehäppchen und habe eine gewisse Bettschwere.
20:45 Uhr: es klingelt. Ich schwanke zur Tür und empfange die Gäste. "Sind wir die ersten?" Als ich die Frage bejahe, sieht man in den Augen der frisch eingetroffenen Freunde ein kleines Stückchen Hoffnung zerbrechen. Um 00:00 Uhr trifft dann auch der letzte Gast ein, der Luft holt für seine Ausrede. "Lass es einfach... du bist da, das ist gut. Bier und Käsehäppchen sind aus."

Der moderne Mensch neigt ja zu einer gewissen Terminüberladung. Da schafft man nach Feierabend um 16:00 Uhr noch einen Arzttermin, Sport und das Treffen um 18:00 Uhr. Nur hat man a) den Stau nicht einberechnet, der überraschend - wie jeden Donnerstag - auftritt, und b) nicht daran denken können, dass sich beim Arzt eine Wartezeit von 45 Minuten ergibt oder c) die Bahn AUSNAHMSWEISE Verspätung hat.
Und so sitzt man wutentbrannt im öffentlichen Verkehrsmittel oder im Auto - je nach Belieben und Planung  - mit geröteten Augen und ein wenig Schaum vor dem Mund.. und wartet. Und flucht leise in sich hinein, tippt wütend auf dem Handy herum.

Und dann denkt man auf einmal daran, mit WEM man sich trifft. Und man begreift, dass die Verspätung dieses Mal den anderen trifft. Die eigene Wartezeit um ein vielfaches verkürzt wird. Süffisantes Lächeln und Erleichterung machen sich breit. Wird er gleich gucken, der Zuspätkommer, wenn ich dieses Mal später komme....

Es ist Sonntag, 20 Uhr. Ich stehe allein im Kino und warte.....

Freitag, 4. Januar 2013

Mensch vs. Roboter

Wie viele träumen nicht davon, dass ein kleiner Roboter den kompletten Haushalt erledigt, kocht, Kaffee bringt und die Wäsche bügelt. Und je mehr die Menschen dem Alltagsstress erliegen, desto mehr neumodischer Schnick-Schnack wird herangeschafft, um sich sämtliche Arbeiten zu erleichtern.

Ich hatte ebenfalls seit jeher eine Affinität für technische Spielereien, die bestenfalls noch den Alltag erleichtern. Schon als Kind schaute ich mit großen Augen begeistert den Vorspann der "Jetsons", in dem "George", der Familienvater, nicht einmal selbstständig aufstehen musste, sondern ein Roboter ihn aus dem Bett hievte, unter die Dusche schob, die Zähne putzte und einen Kaffee reichte. Für jeden Morgenmuffel ein kleiner Traum ... und vor allem die große Hoffnung, dass in ferner Zukunft ein solcher Automatismus in jedem Haushalt zu finden sei.

Leider muss ich mich noch alleine aus dem Bett treten und so hangel ich mich an jedem noch so kleinen Fortschritt weiter und teste aus, was möglich ist und was nicht. Angefangen hat es mit dem ersten bezahlbaren (!) Roboterstaubsauger vor 8 Jahren. Zumindest hat mich das kleine Kerlchen für 3 Stunden gefesselt, danach verschwand er unter einem Schrank und kam erst ein paar Jahre später beim Umzug wieder zum Vorschein. Was mich auf die Idee brachte, dass sich in der Entwicklung etwas getan haben müsste. Hat es auch. Der Fortschritt kostet bis zu 1.000 € mehr, kann sprechen, fährt wenigstens nicht mehr willkürlich im Kreis herum und schont auch freilaufende Hamster. Hat aber den 10fachen Preis meines ersten Pkw.

Ich beschließe, ein deutlich günstigeres Gerät gegen Umtausch zu erwerben, unglücklicherweise war mir entfallen, dass wir in der deutschen Servicesahara gefangen sind, ein Umtausch bei "Hygiene-Artikeln" sei nicht möglich. Nach kurzer Diskussion beschließen wir dann, dass meine Hygiene nicht so viel wert ist wie die des Geschäftes und ich erhalte für zwei Tage das benutzte Vorführmodell. Immerhin konnte ich erreichen, dass alte Staubflusen und Kaugummireste aus dem Behälter entleert werden.

Zuhause packe ich erwartungsvoll das kleine Kerlchen aus, schalte ihn ein und erhalte ein freudiges Piepsen zur Begrüßung. Wie nett. Für den Preis hätte ein Konfettiregen auch nicht geschadet. Hätte man auch gleich besser sehen können, was er alles wegsaugen kann. Ich beobachte über eine Stunde gespannt, wie er anmutig gegen meine Möbel fährt, den Teppich elegant umrundet und den Standaschenbecher umschubst. Ich laufe aufgeregt mit dem Kehrblech hinterher. Nach einer weiteren halben Stunde fährt er in seine Ladestation, er möchte gereinigt werden. Also fange ich an, den Staubfänger auszukehren, den Filter zu reinigen, die Borsten zu säubern. Es piepst, ich habe die Reinigungsbürste vergessen. Nach 2 Stunden sitze ich geschafft neben den Robotersauger. Der Boden ist sauber, ich nicht.

Ehrlich gesagt, das verlangte Geld ist in meinen Augen noch zu viel für ein solch possierliches Spielzeug und doch finden sich etliche Käufer für diese und auch die teureren Geräte.

Bleibt zu hoffen, dass die Technik sich weiter entwickelt und ich vielleicht doch irgendwann ein Stück Automatismus der "Jetsons" erleben darf.

Und morgen nach dem Umtausch des Roboterstaubsaugers werde ich dann den elektrischen Scheibenputzautomat ausprobieren....