Donnerstag, 18. Oktober 2012

... und ewig kreisen die Suchenden

Die Parkplatzsuche ist in den meisten Fällen die Achillesferse eines jeden Autofahrers. Des Öfteren ist der Weg zum Parkplatz schon weniger glücklich verlaufen, meistens durch das erhöhte Verkehrsaufkommen - die liebevolle Beschreibung für den "beschissenen Drecksstau", der immer genau dann auftaucht, wenn man es wirklich eilig hat. So erreicht man ziemlich gereizt mit kleinen Resten von Wutschaum am Mund unter Zeitdruck die Nähe seines Ziels. Ein Blick auf die Uhr genügt, um festzustellen, dass man sich um mindestens 10 Minuten verspätet hat, aber man ist ja jetzt da, alles wird gut. Denkt man. Denn in den meisten Fällen beginnt genau hier das Desaster, die ewige Parkplatzsuche, die Schlacht der Autofahrer. Man darf sich sicher sein, dass man nicht der Einzige ist, der das Objekt der Begierde für sich beanspruchen möchte, reihum stehen weitere angefressene Autofahrer, die bereit sind, alles dafür zu tun, um einen Stellplatz für ihr Auto zu ergattern. Nun könnte man weiterfahren, tut man aber nicht und zwar aus folgenden Gründen:

1) Man ist in einer fremden Stadt und kann nicht sagen, wo der nächste Parkplatz ist und wie weit man von dem Zielort entfernt ist

2) Man ist definitiv zu spät dran, um noch weiter durch die Stadt zu fahren

3) Man könnte einen weiteren Stau riskieren

4) Das Alphamännchen in uns will UNBEDINGT DIESEN EINEN PARKPLATZ und die Konkurrenz wird keine Chance haben.

In 98 % aller Fälle haben wir nun den Schlachtplatz unserer Wahl gefunden. Mögen die Kämpfe beginnen.

Die eine Hälfte der Parkplatzsuchenden fährt immer im Kreis, immer wieder hoch und runter in der Hoffnung, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, während die andere Hälfte sich in eine Reihe ihrer Wahl stellt und unruhig wartet. Mit glänzenden Augen. Ob es sich hierbei um Tränen der Verzweiflung oder Speicheltröpfchen des vorherigen Fluchgelages handelt, vermag ich nicht zu sagen. 


Ich gehöre zur zweiten Kategorie. Ich warte.
Wenn sich auch nur ein Auto in meine Nähe wagt, wird mit heftig wedelnden Armen sofort klar gemacht, um wessen Revier es sich handelt, das Jagen wird dem anderen sofort untersagt. Nachdem ich nun 20 Minuten mein Revier verteidigt habe und kein Mensch an sein parkendes Auto ging, um wegzufahren, trolle ich mich und suche ein neues Revier zum Jagen. Im gleichen Moment allerdings, in dem ich meine Reihe verlasse, kommt ein gut gelauntes Pärchen um die Ecke und geht zu seinem Auto. In eben jener Reihe, die ich gerade ungeduldig verlassen habe. Mit Vollgas rase ich durch die Gänge, um meinen Parkplatz zu ergattern, doch leider kommt mir ein gewiefter Glückspilz zuvor und parkt geradewegs ein. Es folgt ein heftiges Streitgespräch, welches den Glückspilz allerdings ziemlich unbeeindruckt lässt. Ich suche weiter.

Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn man das Glück hat, dass ein Ausparker geradewegs auf die Reihe zugeht, in der ich warte, man aber feststellt, dass er Bummler ist. Er räumt erstmal in Ruhe sein Auto um, der Kofferraum wird geöffnet, Taschen werden eingeladen, dies und jenes ausgeladen, geschaut, ob alles noch an seinem Platz ist. Dann steigt er endlich ein (ich stehe bereits auf dem Gas), schließt die Tür, lässt den Wagen an. Zündet sich eine Zigarette an. Jetzt. Ich warte. Er raucht und fängt an zu telefonieren. Mein rechtes Auge zuckt. Ich versuche zu atmen, steige aus, verkrampfe mein Gesicht zu einem Lächeln und klopfe an der Scheibe. Er signalisiert, ich solle warten. ICH WARTE. Mein rechtes Auge zuckt heftiger. Mein Lächeln wird durch das Zucken unterbrochen, ich sehe aus wie ein Kettensägenmörder. Er signalisiert, er brauche noch einige Zeit. ICH FLUCHE. Schimpfend steige ich in mein Auto. Fahre weiter. Werde viermal angehupt, weil ich in das Revier anderer Wartender eingedrungen bin. Meine innere Uhr sagt mir, ich habe meinen Termin verpasst, aber hier geht es nicht mehr um den Termin, es geht hier um´s Prinzip. Ich will meinen Parkplatz!

Von Weitem sehe ich eine Lücke blitzen - ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont. Ich rase los. Kurz vorher zerbricht meine Vorfreude. Ein sehr sehr sehr kleines Auto steht tatsächlich auf anderthalb Parkplätzen. Möglicherweise aus Frust, warum sollen immer die dicken Autos 2 Parkplätze beanspruchen können, man kann auch mit etwas, das früher als Schubkarre durchgegangen wäre, ebenso frech parken.

Und dann sehe ich eine Frau auf den Parkplatz schlendern. Sie lächelt mich an und winkt, ich solle ihr folgen. Ich versuche, nicht mehr allzu furchteinflößend auszusehen und zu lächeln. Fahre ihr nach. Sie ist kein Bummler, steigt ein und will ausparken, doch von der anderen Seite hat die Konkurrenz die Witterung aufgenommen. Mein Ehrgeiz wächst über sich hinaus, mein Kampfgeist ist sensibilisiert. Ich werde diesen Parkplatz kriegen. Sie parkt in die für mich bessere Richtung aus, ich habe meinen Parkplatz. Ich atme kurz durch, kann mir ein gehässiges Grinsen nicht verkneifen. Triumphierend schaue ich mich nach der Konkurrenz um. Doch er wollte den Parkplatz gar nicht, er wollte das Parkhaus verlassen. Wie alle anderen auch.

Das Parkhaus schließt. Aber es wird wieder öffnen. Und dann bin ich der erste, der einen Parkplatz hat! 

1 Kommentar:

  1. Genau das ist der Grund, weshalb ich viel lieber die Strapazen des ÖPNV auf mich nehme, mit all seinen Tücken und Fallen.

    Wie immer sehr gut geschrieben, wie immer mitten aus dem Leben!

    AntwortenLöschen