Donnerstag, 14. Juni 2012

Die Fähnchendiskussion

"Jeder mit einem IQ unter 85 sollte ein Deutschlandfähnchen an seinem Haus befestigen"
"Grottige Autofahrer erkennen Sie an den Deutschlandfähnchen"
"Jeder Mann, dessen Penis kürzer als 15 cm ist, sollte sich mit Fähnchen an Auto und Haus kenntlich machen"

Diese Sprüche sind nicht neu, aber seit der letzten WM bei jedem Fußballspiel unserer Nationalelf präsent. Ich selber bin eher ein Fähnchenfan, nicht dumm, kein schlechter Autofahrer und was die Größen angeht... nunja, sagen wir, ich fühle mich nicht angesprochen. Gewundert habe ich mich doch. Während 2006 jeder ohne Fähnchen, Trikot oder sonstigem Nationalschmuck direkt irgendwas auf offener Straße in die Hand gedrückt bekam, um nicht so ungeschmückt herumzulaufen, spaltet das Fähnchenthema seit 2008 die Gesellschaft.

Interessanterweise hört man die "Anti-Fähnchen-Sprüche" eher von Männern. Der Gattung, die in den Farben ihres Lieblingsvereins von Kopf bis Fuß angemalt, gekleidet und aufgemacht samstags und sonntags, bei Sonderspielen auch in der Woche, dem Fußball fröhnen. Zumindest die meisten von ihnen.

Ich behaupte mal, dass solche Aussagen genau von den Menschen geäußert werden, die zu einer Kostümparty als einzige unverkleidet kommen, um dann die Kostümierten auszulachen. Die an einem italienischen Abend Kartoffelsalat mitbringen. Andersherum-an-die-Tanksäule-Fahrer.
Die mit ihren Sticheleien deutlich machen wollen, dass sie dem Gruppenzwang nicht unterliegen. Bei Kleinigkeiten. Bei ernsthaften Sachen sind sie nicht so selbstsicher, da wird eher gekuscht und gebuckelt, aber die kleinen Dinge kann man nutzen, um sich großkotzig aufzubäumen. Zieht ja selten Ärger nach sich.

Daher kann man auch Fähnchenaufsteller verurteilen. Es verletzt niemanden, tut niemandem weh, aber interessant ist das Verhalten allemal. Letztlich ist es doch so, dass wir, die Deutschen, keinen Nationalstolz haben. Woher auch? Nach so einer Geschichte liegt es fern, stolz auf sein Land zu sein. Aber wir können recht stolz auf unsere Nationalelf sein, die, wenn sie nicht so spielt, wie vergangenen Samstag, mit Sicherheit dieses Jahr wieder viele Fans glücklich macht.

Und dafür stelle ich ein Fähnchen auf. Oder zwei! Und Autospiegelbezüge. Weil es doch irgendwie nett ist.

Diejenigen, die versuchen, meinen IQ zu ermitteln, sei gesagt: ich werde sicherlich kein Kandidat für die Mensa, aber ich finde jeden Morgen aus der Tür und meistens auch den Weg wieder nach Haus. Mit oder ohne Fähnchen!

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