Samstag, 12. Mai 2012

Theorie und Praxis Teil 2

Heute möchte ich mich über ein spezielles Exemplar von Fachidioten äußern: Lehrer. Auch wenn meine Schulzeit schon ein wenig zurückliegt, muss ich immer wieder hören und feststellen: es hat sich nichts verändert. Wie viele von uns denken mit Freude an die Schulzeit zurück? Damit sind nicht die lieben Schulkameraden oder die lustigen Stufenparties gemeint, sondern die gefühlt ewig andauernden Schulstunden unter dem mehr oder weniger wachen Auge des Oberfachidiotens. Verstehen Sie mich nicht falsch, nicht jeder Lehrer ist ein inkompetenter unsozialer Schwachmat, der nicht in der Lage ist, seinen Beruf auszuführen. Aber leider gibt es trotzdem viel zu viele, die absolut nicht in der Lage sind, Schüler zum Lernen zu animieren oder ihren Job mit Begeisterung auszuführen. Wenn ich meinen Job so schlecht machen würde wie mancher Lehrer..., tja, ich wäre wohl längst entlassen worden. Und genau da hängt unser Schulsystem. Warum? Nun, dafür möchte ich Ihnen heute ein paar Beispiele nennen, die mich bis heute ärgern.
Fangen wir mit meiner "Lieblings-"lehrerin an: Wissen Sie, ich spreche deutsch als Muttersprachler. Ich habe immer sehr gern gelesen - und als Kind auch oft Aufsätze verfasst, mit großer Begeisterung. Leider wurde mir beides - das Lesen und das Schreiben - durch meinen Deutsch-Unterricht madig gemacht. Meine Deutschnoten bewegten sich immer zwischen "gut" und "befriedigend". Bis SIE kam. Und sie mochte mich nicht. Das war nicht zu übersehen. Wenn sie eine Frage stellte und keiner in der Klasse aufzeigte - nur ich - war ihre Gegenfrage "Keiner? Weiß das keiner?" Ich war kein Streber und ich muss sagen, es passierte nicht oft, dass ich tatsächlich mal etwas zu sagen hatte, aber das war auch kein Problem, denn im Laufe der Zeit reduzierte sich meine mündliche Beteiligung im Unterricht runter - auf 0. Eben wegen jener Aussagen. Ich wollte eigentlich nur meine schriftlichen Noten ausgleichen, aber irgendwann resigniert man doch. Kennen Sie diese schrecklichen kleinen gelben Büchlein? "Reclam"-Heftchen? Jaaa, damit habe ich endgültig die Freude am Lesen verloren. Sie hatte uns aufgegeben, das Buch zu bestellen und zu lesen. "Das Gold von Caxamalca", glauben Sie mir, das werde ich nie vergessen. Nach der ersten Seite war mir klar, dass das Buch und ich keine Freunde werden können. Was zum Teufel ist das für eine Sprache? Warum muss ich das lesen? Wenn ich später so rede, versteht mich kein Mensch... oder schlimmer noch: ich werde für einen Freak gehalten.
Und die leidige Eröterung: Was wollte uns Jakob Wassermann damit sagen? Was meinte er mit der 4. Zeile im 3. Abschnitt? Ich philosophiere heute noch darüber und komme heute noch zu dem Ergebnis: nichts! Vielleicht war ihm einfach danach zu schreiben, so wie ich in diesem Blog. Er wollte sich mit Sicherheit über die Goldgier der Spanier auskotzen, aber das habe ich bereits nach 10 Seiten erkannt. Warum soll ich nun jedes einzelne Kapital auseinander nehmen, nach versteckten Alliterationen, die Herr Wassermann wahrscheinlich und wahrlich (haben Sie die Allitierion entdeckt) NUR eingebracht hat, um diesen Absatz zu betonen. Der gute Mann lebt nicht mehr, wir können ihn nicht fragen. Aber auch nach seinem Ableben schweben 100 diverse Interpretationen durchs Web.
Und glauben Sie mir, dies ist nur EIN Beispiel der vielen vielen Reclam-Bücher und unendlich vielen Interpretationen. Was mir geblieben ist? Eine Schulnote "mangelhaft" im Fach Deutsch, die ich bei jeder Bewertung erörtern muss. "Wieso haben Sie eine 5 in deutsch, ist das nicht Ihre Muttersprache?" fragen sie mit einem zu Recht irriterten Unterton. Und ich würde so gern antworten: "Doch, ist es, verdammte Hacke, aber ich konnte das Gold von Caxamalca nicht so interpretieren, wie die Tussi von Deutschlehrerin es gern gehabt hätte. Und das gilt für die gefühlten 300 anderen Bücher, durch die ich mich durchquälen musste."
Erst 6 Jahre später habe ich das Lesen wieder als Entspannungsfaktor entdeckt. Eine lange Zeit für einen angeblich gebildeten Gymnasiasten.

Fakt ist: Ich habe das Lesen für 6 Jahre aufgegeben und zu Hause kein einziges Buch besessen. Ist das Sinn und Zweck der Schule? Den Schülern das Lesen zu verleiden? Ist es richtig, wenn ein Lehrer nicht aufgrund der Leistungen beurteilt, sondern nach Sympathie benotet? Kann das richtig sein in unserem Schulsystem?

Nun, kommen wir gleich zur nächsten Gattung: das Antivorbild. Hatten Sie auch so einen Lehrer? Im Normalfall erkennen Sie ihn an einem ungepflegten Erscheinungsbild wie fettigen Haaren oder fürchterlichem Mundgeruch oder an einer extrem feuchten Aussprache. Ihr Heft wird betropft von Spucketröpfchen. Glauben Sie mir, das alles habe ich bereits erlebt. Das heißt nicht, dass der Lehrer an sich inkompetent war, aber haben Lehrer nicht eher eine Vorbildsfunktion? Heißt das, ich muss mir NIE die Haare waschen und bekomme einen Job? Unser Geschichtslehrer war von einer extrem ausgefuchsten Sorte: während seiner gefühlt langen Monologe über die Weltgeschichte nahm er seinen Ehering ab und drehte diesen, auf einem Stuhl sitzend, an seinem in Socken und Sandalen gesteckten Fuß um seinen kleinen Zeh. Während mir die Galle hochkam (verzeihen Sie mir die bildliche Darstellung), redete und drehte er genüßlich an seinem Zeh den Ring. Sollten Sie in einer Bank oder einem Service-Center arbeiten, versuchen Sie das nur einmal. Es dürfte Ihren Chef endgültig in die Weißglut treiben, wenn Sie dabei noch ungewaschene Haare haben. Sagen Sie dann einmal "Entschuldigung, aber da dient einer meiner Lehrer als Vorbild, wenn der das kann, dürfte das hier doch auch kein Problem sein, oder?"

Mein Fazit: Man muss nicht hochgetakelt in seinem Job erscheinen, aber eine ordentliche gepflegte Erscheinung hat noch niemandem geschadet, richtig?

Nun, das sind nur 2 kleine Beispiele meiner Schulerfahrungen. Und so wette ich, jeder kann mindestens 3 Beispiele aus seinem Erfahrungsschatz nennen. Aber alle laufen darauf hinaus, dass man a) kein gutes Vorbild hat und b) in vielen Hinsichten nach Sympathie und nicht nach Können beurteilt wird.

Dabei stellt sich mir die Frage: Warum lässt sich das nicht unterbinden?
Warum werden unsere Schüler entmutigt und das Lernen eher als Bestrafung gehandhabt? Bildung ist enorm wichtig, warum schaffen die Schulen es nicht mehr, dem gerecht zu werden? Warum werden die schlechten Schüler lieber aufgegeben als gefördert? Weil es günstiger und einfacher ist. Keiner möchte die Nachzügler, den Träumern oder den Kreativen Freiraum geben. Weil es nicht im Stundenplan verankert ist. Und danach wird weitergelehrt was das Zeug hält.

Wissen Sie, warum ich sitzen geblieben bin? Sie werden lachen: ich hatte ein Referatsthema erhalten, was im wahrsten Sinne des Wortes "Scheiße" war. In Erdkunde sollte ich ein Referat über Gülle halten. Ich bin zu einem Bauern in der Nähe gelaufen, habe ein Aufnahmegerät mitgenommen (ja, damals gab es noch keine Smartphones) und habe mir die Zusammensetzung und die Gründe von Gülle etwa 2 Stunden angehört. Danach habe ich mein Referat geschrieben. (Phosphor ist übrigens extrem wichtig für Gülle, das werde ich nie vergessen).
Nun, mein Lehrer empfand das als zu langweilig. Als er das sagte, habe ich damals schon bereut, nicht einen Riesen-Gülle-Haufen mit in den Unterricht zu nehmen und ihm unter die Nase zu halten! Es fuchst mich heute noch, dass er mich bei so einem Thema hat hängen lassen und mir eine schlechte Note dafür gegeben hat.

Gut, es war ja nicht das einzige Fach, in dem ich schlecht war. Wie Sie bestimmt erraten haben, war die andere Note die Deutsch-Note und Informatik. Wissen Sie, ich war fest davon überzeugt, dass Informatik MEIN Fach wird. Wir hatten damals den neuesten Rechner, mein Vater bedacht darauf, mich in dieser Hinsicht auf dem neuesten Stand zu halten (DANKE PAPA!) und ich war mir sicher, ich würde alle um Längen schlagen. Leider hatte ich in dieser Hinsicht nicht mit der "neuesten" Technik unserer Schule gerechnet. Denn statt das, was wir heute alle brauchen und täglich nutzen zu lernen, musste ich mich mit "Logo", einer Programmierung in Computersprache herumschlagen. Brauche ich nicht - werde ich nie brauchen. Hilft mir heute nicht annährend, in Excel eine Formel zu erstellen. Nein, Sinn und Zweck war es, einen Punkt, den sogenannten "Igel" so zu programmieren, dass er eine bestimmte Reihenfolge an Punkten abläuft. In DOS konnte ich glänzen, war aber mit dem Igel völlig verloren. In der ganzen Klasse liefen die Igel über den Bildschirm... außer bei mir. Meiner war in Streik getreten, weil ich nicht die korrekten Befehle genutzt hatte. Und so blieb mein Igel stehen und ich kassierte meine 5. Zu Recht.
Andererseits denke ich mir: warum wurde ich nicht ausreichend aufgeklärt? Ich mag den Computer und ich bin immer darauf bedacht, auf dem Laufenden zu bleiben. Hätte mir jemand erklärt, dass es rein um die Programmierung ginge, hätte ich ein anderes Fach gewählt.

Wie Sie sehen, sind unsere Lehrer, das Schulsystem und der Lehrplan ein weites Feld, in dem viele Schüler absolut verloren sind. Aber anstatt sie zu fördern, werden ihre Fähigkeiten nicht hervorgehoben, sondern sie sind als "Taugenichtse" verloren.
Ich finde das traurig, Lehrer gehen stur nach ihrem Lehrplan, mit Scheuklappen, für mehr werden sie nicht bezahlt und mehr tun sie auch nicht. Ließe sich das nicht ändern? Warum wird hier nicht eingegriffen?

Ich bin heute noch über solche Ungerechtigkeiten und Unfertigkeiten verärgert, wie Sie feststellen können. Und Sie müssen nach dem Lesen keine Interpretation schreiben, weil ich es ganz unverblümt aufgeschrieben habe. Ist das nicht toll?

2 Kommentare:

  1. Ich stimme dir zu. Drei Beispiele aus meiner Schulzeit, die schon etwas zurück liegt (ich habe 1986 Abitur gemacht):

    1.) Deutsch. Genau so wie von dir beschrieben: Das Interpretieren von Texten nimmt einem jegliche Freude am Lesen, vor allem wenn sich einem der Text nicht erschließt. Nach der Lektüre der ersten Seite von Kafkas "Verwandlung" klappte ich das gelbe Reclam-Heftchen zu, warf es in den Papierkorb und wählte Deutsch nach der 12 ab, damals ging das noch, im Gegensatz zu...

    2.) Sport. Ja, man war gezwungen, bis 13/1 am Sportunterricht teilzunehmen, so sehr man es auch hasste, und ich hasste es sehr. Fußball, Volleyball, Basketball, überhaupt Bälle; Mannschaften wählen, dabei der letzte sein, wie immer, zusammen mit dem Dicken... Nach der letzten Sportstunde, zu der ich mit einer Flasche Sekt erschien, schwor ich mir, nie wieder freiwillig Sport zu machen. Zum Glück hat sich meine Einstellung hierzu gewandelt, ich laufe nun regelmäßig. Ohne den Zwang, zu siegen, einfach nur so, weil es mir Spaß macht.

    3.) Musik. Unser Musiklehrer war ein Fachidiot, vielleicht war er auch einfach nur ein Idiot. Er ließ uns jede Stunde schrecklichste Lieder singen, gerne auch mal alleine vor der ganzen Klasse, was nicht gerade zu den bevorzugten Aktivitäten eines pubertierenden Knaben im Stimmbruch zählt. Erst viel später fand ich den Spaß am Singen wieder, heute singe ich mit großer Begeisterung in einem Chor, gerne auch mal Solo, aber das ist mit Sicherheit kein Verdienst des oben genannten Musiklehrers.

    "Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir" - rückblickend auf meine Schulzeit kann ich sagen: Nur wenig des dort gelernten hat mir im Leben geholfen, das meiste lernte ich für irgendwelche Klassenarbeiten und Klausuren und habe es sehr schnell - zum Glück - vergessen.

    AntwortenLöschen
  2. Wirklich etwas am System zu ändern, hieße ja man müsste zugeben dass dasselbige Schuld ist und nicht einfach so jedes zweite Kind dumm oder faul oder beides ist. Verdrängung ist der wesentlich leichtere Weg. Selbst wenn Politiker und Co mal "zuhören" würden, was will man hören, wenn Niemand etwas sagt? Wer hat wirklich schon mal den Moment erlebt, ja ich glaube dir deine Erklärung für die schlechte Note in einem Hauptfach, statt des mitleidigen Blickes, sag mal eine bessere Lüge fiel dir nicht ein?
    Das System wird nicht besser, es wird lediglich kontinuierlich besser vertuscht, dass es noch genauso schlecht ist.
    > Mein Lieblingsbeispiel: Ich bin ohne Pc aufgewachsen (es ist so gemeint, wie es da steht, kein Pc in der gesamten Familie usw.)
    Und wurde trotzdem dafür schlecht benotet, dass ich mir damals einfache keine Str+C Befehle auswendig merken konnte.
    Für mich war das, als wenn ich Chinesisch Vokabeln lernen müsste (ich spreche keine Chinesisch), es ging einfach nicht in den Kopf. Urteil des Lehrers: einfach zu faul und doof zum lernen, Eltern sich dem Urteil angeschlossen, noch Wochen lang Ärger wegen schlechter Zeugnisnote. Ja, da hat man doch echt für's Leben etwas sinnvolles gelernt.

    AntwortenLöschen