Freitag, 25. Mai 2012

(V)erzogen

Manchmal fragt man sich, ob es noch schlimmer werden kann.

Ob mir ein Kind auf der Straße vor die Füße rotzt, im Kino Popcorn geworfen und rumgerannt wird oder es sich inbrünstig schreiend im Supermarkt auf den Boden wirft, all das sind mittlerweile alltägliche Situationen. Aus diesen Kindern entwickeln sich zumeist rüpelige Erwachsene, die im Kino zwar kein Popcorn werfen, aber stundenlang während des Film diskutieren oder mit offenem Mund ihr Popcorn kauen. Kann denn heute niemand mehr einfach nur 2 Stunden lang sein Sabbelmaul halten und in Ruhe einen Film gucken? Links wird das Handy gezückt und gezockt oder vielleicht auch eine Kurzzusammenfassung des Films gesimst und rechts wird über den schrecklichen Arbeitsalltag und den bösen Chef diskutiert. Ich möchte diesen Film sehen! Die Musik ist spannungsgeladen, die dunkle Atmosphäre und jetzt gleich.... meinem Hintermann fällt ein, dass genau JETZT der beste Zeitpunkt ist, die blöden Nachos zu kauen. Ich kann mich nicht erinnern, dass früher so ein Aufruhr im Kino statt fand. Jeder war ruhig, verfolgte mit Spannung den Film. Heutzutage ein Wunschtraum, ich habe Kinobesuche mittlerweile eingestellt. Bei dem lächerlichen Eintrittspreis für von 7,50 € pro Person + Überlängenzuschlag, 3 D-Zuschlag und Samstag-Abend-Vorstellungszuschlag gepaart mit stundenlangem Gesabbel meiner Nebenmänner ist das kein wirkliches Vergnügen mehr.
Ich hatte die irrwitzige Vorstellung, dass eine Sonntagsnachmittagsvorstellung in einem Kinderfilm ruhiger abläuft, doch wurde ich extrem schnell eines Besseren belehrt. Während links neben uns ein Popcorn-Krieg tobte, spielten die Kinder hinter uns Fangen durch den kompletten Kinosaal, der Vater hatte offensichtlich bereits resigniert und ließ sie gewähren. Als ihnen nach 1 Stunde die Puste ausging, stellten sie sich an ihren Platz, um freudig in der Nase zu bohren und dies an unserer Sitzlehne abzuschmieren. Ich werde nie wieder in eine Sonntagsnachmittagsvorstellung gehen. Sollte ich mal ein Kind bekommen, wird es das Kino erst mit 12 Jahren entdecken - zur Abendvorstellung.

Kinobesuche lassen sich umgehen, so denke ich mir. Aber Sie finden leider kaum noch Situationen, wo nicht ein völlig unerzogenes Balg Ihnen vor´s Schienbein tritt, Sie beleidigt oder einfach voller Inbrunst herumschreit und Schimpfworte vom Allerfeinsten in die Welt hinauskrakeelt: "Papa, du Arsch..." aus dem Mund einer 10-jährigen.

Ich erwarte keine Musterschüler in Pullundern, die in jeder noch so kleinen Situation hilfsbereit mit einer Verbeugung neben einem stehen, die Tür aufhalten oder älteren Herrschaften über die Straße helfen. Aber ich denke, ein gesundes Mittelmaß aus Rücksicht und Respekt würde nicht schaden. Wenn ich von älteren Leute höre "die Jugend von heute....!!" denke ich mir: ja, früher gab es auch Rüpel, aber besser wird es mit Sicherheit nicht.

Wie auch? Kinder werden im Kleinkindalter vor das RTL-Vormittagsprogramm gesetzt, was sehr praktisch ist, die Eltern müssen sich nicht bemühen, die Kinder zu unterhalten und das Kind lernt gleichzeitig ein vielfältiges Repertoire an Schimpfwörten, die es anderen Kindern in der Schule beibringen kann.

Ich möchte klarstellen, dass ich nicht den Kindern die Schuld für dieses Verhalten gebe. Mir ist es auch völlig egal, wenn das Kind mit Edding die Tapeten, Schränke und andere Möbelstücke seiner Eltern verschönert. Das sollen die ausbaden, die es verbockt haben. Der Neffe (damals ca. 5 Jahre alt) einer ehemaligen Schulkollegin war ca. 10 Minuten unbeaufsichtigt im Zimmer. Er hat es geschafft, eine Schere zu finden und damit das komplette Mobiliar zu "verschönern". Das Bett war zerschnitten und die Schränke verkratzt. Alles was seine Mutter sagte, war: "Du, das darfst du aber nicht machen. Lass das mal lieber." Er fing an zu weinen, bekam ein Stück Schokolade und die Welt war wieder in Ordnung. Ich bin absolut gegen Prügel in der Erziehung und kann mich hierzu auch nur begrenzt äußern, da ich selber kinderlos bin, aber ich denke doch, dass diese sehr vorsichtige Ermahnung der Mutter nicht unbedingt dazu beiträgt, dass er Andererleuts Eigentum mit Respekt behandelt oder so etwas nie wieder macht.

Ich denke, jeder kennt diese Situationen und man darf sich nicht darüber wundern, wennn die Eltern die Erziehung dem Fernsehprogramm oder der Schule bzw. den Lehrern überlassen. Die Mütter möchten gern arbeiten und am Leben teilhaben und irgendwann passt das Kind einfach nicht mehr in den Plan. Und dann wundern wir uns über verkorkste Kinder?
Wie selten erlebt man noch "liebe" Kinder. Neulich in der Stadt hörte ich tatsächlich von einer ca. 8-Jährigen: "Mama, dürfte ich bitte ein Eis haben?" Zuckersüß und ganz das Gegenteil von "Ey Altaaaa, gibse mir jetzt Geld, ich will ein Eis!!!!"
Oder in einer Arztpraxis: Der kleine Junge wurde des Trommelns gegen die Rezeption nicht müde, nach einer Viertelstunde hatten wir alle Kopfschmerzen - außer den Eltern offensichtlich, die, in völliger Ruhe, daneben standen und ihn trommeln ließen. Gott weiß, was er zu Hause veranstaltet. Auch als er hinter die Anmeldung ging und am Stuhl der Arzthelferin rüttelte, wurde das keines Kommentares gewürdigt. Die Arzthelferin blieb ruhig, denn heutzutage sind Sie sofort ein Kinderfeind und Kinderhasser, sobald Sie andeuten, dass das verzogene Miststück von Kind sich einfach nur auf seine 4 Buchstaben setzen und die Klappe halten soll!!!!!

Ich versuche, mich zu beruhigen, lächele süffisant: "Ja mein Kleiner, DICH können wir in ein paar Jahren in einer RTL-Talkshow begutachten."

Und so schließt sich der Kreis, denn er wird das nächste Vorbild der nachfolgenden "Ich-setze-mein-Kind-vormittags-vor-RTL-Generation".










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